Wir müssen den ganzen Tag lesen: Nachrichten, Busfahrpläne, Prospekte, Bücher, Rezepte und vieles mehr. Für die meisten von uns ist das gar kein Problem und wir machen es, ohne darüber nachzudenken oder uns anzustrengen.
Für Kinder, die das Lesen erst lernen, bedeutet es aber eine große Anstrengung, auch nur wenige Sätze am Stück richtig zu lesen und ihren Sinn zu erfassen. Dabei müssen mehrere Dinge fast zeitgleich passieren. Die Schüler:innen müssen die Buchstaben erkennen und aneinanderreihen, dann relativ zügig die Wörter zu einem Satz zusammensetzen und zum Schluss den Sinn des Satzes erfassen.
Diese komplexe Aufgabe ist eine echte Herausforderung, aber wenn man regelmäßig übt, wird man auch ganz schnell Fortschritte erkennen. Es gibt dann immer mehr Wörter, die nicht mehr erlesen werden müssen, weil sich das Wortbild durch die Wiederholungen eingeprägt hat.
Zwei Dinge sind wichtig, wenn es darum geht, die Lesekompetenz zu steigern.
Als erstes sollte man den richtigen „Lesestoff“ aussuchen. Für Leseanfänger ist neben einer großen Schrift und ansprechenden Bildern gut, wenn es kurze Sinnabschnitte gibt, die einen schnellen Leseerfolg bringen. Hier eignen sich zum Beispiel Witze sehr gut oder kurze Sachtexte mit vielen Fotos oder Zeichnungen.
Gerade Kindern, denen das Lesen schwer fällt, fehlt häufig die Lust, ganze Bücher zu lesen. Da wir aber in unserem Alltag, wie schon erwähnt, gar nicht um das Lesen herum kommen, kann man solche Situationen zum Üben nutzen. Um einen Kuchen zu backen, muss man das Rezept genau lesen und verstehen. Für das neue Gesellschaftsspiel muss man die Regeln kennen. Es gibt so viele Möglichkeiten das Lesen in den Tagesablauf einzubauen. Der große Vorteil hierbei ist, dass das Lesen für den:die Schüler:in nicht im Vordergrund steht und man trotzdem sofort merkt, ob der Sinn des Textes verstanden wurde.
Auch bei der Erledigung der Hausaufgaben wird das Lesen zwangsläufig geübt und zwar fächerübergreifend. Aufgaben, ganz egal in welchem Fach, können nur korrekt gelöst werden, wenn die Aufgabenstellung richtig gelesen und ausgeführt wird. Zusätzlich ist es sinnvoll, wenn der:die Schüler:in alles was er:sie geschrieben hat noch einmal (vor)liest, um den Inhalt, die Rechtschreibung und die Zeichensetzung zu kontrollieren. Es wird also nicht nur das Lesen, sondern gleichzeitig auch noch die Rechtschreibung und die Grammatik geübt. Nimmt man all das zusammen, muss man gar keine extra „Lesezeit“ einführen.
Denn damit kommen wir zum zweiten wichtigen Faktor beim Lesen, dem Zeitpunkt. Oft wird abends im Bett noch gelesen. Das Vorlesen vor dem Schlafen ist, wie ich finde, ein wirklich schönes Ritual und Kinder genießen es, auch wenn sie älter sind, wenn Eltern abends noch ein paar Minuten Zeit mit ihnen auf diese Weise verbringen. Um das Lesen zu üben und sich auf einen Text zu konzentrieren, ist es aber für die meisten nicht die richtige Uhrzeit. Deshalb lieber, wie oben beschrieben, die vielen sich bietenden Möglichkeiten des Alltags nutzen und das Lesen ganz „nebenbei“ verbessern.
Man sollte allerdings darauf achten, dass es sich bei dem Übungsmaterial um gedruckte Texte handelt. Lesen lernen durch Spiele auf mobilen Endgeräten, wie Handys, Tablets oder Spielekonsolen ist weniger zu empfehlen, da der Fokus dabei nicht auf das Lesen, sondern auf die Spielaktion gelegt wird. Eine Ausnahme ist das Lesen mit einem Ebook-Reader. Gerade für ältere Schüler:innen mit einer LRS oder Legasthenie, ist das Lesen auf einem solchen Gerät vorteilhaft. Man kann hier zum Beispiel die Schriftgröße verändern, was das Lesen von längeren Texten vereinfacht.
Leseanfänger:innen können als Hilfsmittel sehr gut eine Leseschablone oder einen Lesepfeil benutzen. Diesen Pappstreifen kann man über die Zeilen ziehen und sich so besser im Text orientieren.
Also einfach mal bewusst darauf achten, wo und wann wir im Alltag etwas lesen, dann findet man auch das passende Übungsmaterial 🙂 .